Gebetsmühlen
Kailash Kora
Kora - Parikrama
Gebetsmühlen
Der heilige Pfad der Pilger
Kailash Tibet Trekking Tour 2004
In der Ferne bewegt sich langsam ein Punkt, mal größer, mal kleiner. Ein Pilger, staubbedeckt, mit lederner Schürze vor Bauch und Knien, wirft sich auf den Boden. Er richtet sich wieder auf, faltet die mit Holzbrettern geschützten Hände vor der Brust, hebt sie in die Höhe, geht einige Schritte vorwärts und wirft sich wieder auf den Boden. So mißt er mit seiner Körperlänge die gesamte Wegstrecke um den Kailash aus, berührt jeden Zentimeter des heiligen Bodens. Mehr als zwei Wochen dauert die Umrundung des heiligen Berges mit Niederwerfung.

Dennoch findet der Pilger Zeit und ein
Tibet. Pilger
  Glücklicher Pilger
Lächeln für mich. Ich schenke ihm ein Foto des Dalai-Lama. Seine Augen strahlen.
Tibet. Pilger
Wem gehört sein Herz?
Ehrfürchtig betrachtet er das Bild seines spirituellen Oberhauptes und legt es sich dann auf den Kopf. "Yischi Norbu" murmelt er dabei, was soviel wie "wunscherfüllender Edelstein" bedeutet.

Es ist eine Ehrenbezeichnung des Dalai-Lama und hier in Tibet gebräuchlicher als sein eigentlicher Titel.


Die rituelle Umwanderung des Kailash [tib. "Kora"], [hindu. "Parikrama"], hat eine lange Tradition. Seit Jahrtausenden pilgern Gläubige, keine Mühsal scheuend, aus allen Himmelsrichtungen über verschneite, hohe Bergpässe oder zugigen
Tarboche SagaDawa Festival
Tarboche - SagaDawa Festival
Hochebenen. Sie alle werden von dem Wunsch getrieben, den Kailash zu umwandern.

Die Kora ist mit Stupas,
Gebetsfahnen und Mauern aus Mani-Steinen durchzogen. Der Weg ist "heiliger Boden" mit vielen symbolträchtigen Plätzen, Steinen und Bauten. Wichtige Stationen sind der Tarpoche mit dem berühmten Flaggenmast für das Saga Dawa-Fest, welches zu Ehren des Geburtstages Buddhas gefeiert wird, und Shiwatshal, der Leichenacker der Vajrayogini, der Ort, der in den Bardo der Wiedergeburt führt. Hier legen seit Jahrhunderten Gläubige Kleidungsstücke, Haare und verschiedene persönliche Gegenstände ab.

Die Umrundung des Kailash wird in der Regel zu Fuss durchgeführt,

(bei Krankheit o. körperlich schlechter
Verfassung
Pilger zum Pass
auf Pferd) wobei der Pilger Mantren spricht, die heiligen Silben des Avalokitesavara wiederholt: "OM MANI PADME HUM".

Die rituelle Umwanderung des Kailash kann auf einem inneren und einem äußeren Umrundungsweg vollzogen werden, wobei der innere Weg nur denjenigen vorbehalten ist, die den äußeren Umrundungsweg mindestens dreizehn Mal bewältigt haben (notwendig zur Reinigung und Läuterung von Körper, Geist und Seele). Die Tibeter bewältigen die 55 km lange Kora meist in einem 24 Stunden "Gewaltmarsch", für den westlichen Pilger sind drei Tage einzuplanen. Wobei fromme Tibeter diesen Weg, der bis zu einer Höhe von 5670 m [Dölma-La-Pass] führt, mit Niederwerfungen in 2-4 Wochen umrunden.

Als sehr verdienstvoll gilt die Umrundung des Kailash durch Niederwerfen und Ausmessen mit der eigenen Körperlänge.
kailash Umrundung durch Niederwerfung

Die Hände erheben sich , falten sich, werden zu Stirn, Mund und Herz geführt, es folgt das Niederknien und das sich in voller Länge auf den Boden strecken, bis Knie, Bauch, Brust, Mund, Stirne und die Hände den Boden berühren, danach aufstehen und den Vorgang, eine Körperlänge weiter, wiederholen, alles in tiefster Hingabe und Demut. Bei dieser Prostration ist der Körper mit einer Lederschürze bedeckt, die Hände tragen Handschuhe oder sind umwickelt mit Plastiktüten oder geschützt mit kleinen Holzbrettchen oder Haus-Schuhen. Auf der
Grundlage von Hingebung, Mitleid, Niederwerfungen, Opfern, Almosen usw. erhofft sich der Pilger möglichst viel an verdienstvollen Handlungen zu schaffen. Der Gläubige erhofft sich in diesem Zusammenhang ein glücklicheres Los in seinem derzeitigen Leben oder eine bessere Inkarnation im nächsten Leben.

Die Sinnbildlichkeit der Kora ist augenfällig: alles kreist um einen Fixpunkt. Das Schliessen des grossen Kreises - der Kreis selbst ist ein Symbol des unteilbaren Göttlichen - ist eine Konzentration auf den Mittelpunkt, auf Gott oder das Göttliche, hier liegt der kosmische Punkt an dem alles beginnt und auch endet. Der Mensch ist damit Teil der Kreisbewegung, die sich um den Mittelpunkt des Universums bewegt. So wie Meru der Fixpunkt des Universums, des Kosmos ist, ist der Kailash sein Gegenstück auf der irdischen Ebene. In dem der Pilger diese Ordnung durch sein Wandern nachvollzieht, wird dieser damit eins und wird vom herausgelösten Bruchstück zu einem Teil des Ganzen. Eine Pilgerschaft zum Kailash bedeutet deshalb auch immer eine Reise ins eigene ich, zu sich selbst.

 


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